Dank Frank Sinatra konnte ich die Sprachbarriere überwinden.

Erfahrungsbericht von Florian B.

Erfahrungsbericht von Florian B.

Zwei Textbanner über einem verschwommenen Bild einer Person: Erfahrungsaustausch: Stärken und Resilienz

Mit 24 Jahren erlitt ich eine Hirnblutung. Neben einer kompletten Halbseitenlähmung wurde auch mein Sprachzentrum stark beeinträchtigt. Sehr lange Zeit gelang es mir nicht, Sätze, die über mehr als drei Worte hinausgingen, zu formulieren. Also reduzierte ich meine Kommunikation auf die drei wichtigsten Worte eines Satzes. Mein Gegenüber vervollständigte dann meist automatisch meinen Satz. Das lief anfangs sehr gut, aber ich kam dann nicht mehr über diese eigen produzierten 3-Wortsätze hinaus. 

In der 1. Reha hatte ich das Glück, auf einen Logopäden zu treffen, der meine Liebe zur Musik mit mir teilte. Wir stellten fest, dass wir beide Frank Sinatra Fans sind. Die Liedtexte von vielen seiner Songs waren durch das häufige Mitsingen in meinem Langzeitgedächtnis abgespeichert.

Und jetzt ging es los! Gemeinsam schmetterten wir, er an der Gitarre, die Hits von Frank Sinatra rauf und runter. Dadurch überwand ich meine 3-Wortbarriere und lernte wieder flüssig Sätze zu formulieren. Dies war für mich ein Meilenstein, um wieder frei mit meinem Umfeld kommunizieren zu können und am Leben teilzuhaben.

Insgesamt war ich zwei Mal für drei Monate in zwei verschiedenen Rehakliniken. Total habe ich fünf Jahre lang ganz strukturiert rehabilitiert: Physiotherapie, Logopädie, Schwimmen und Fitnessstudio. Im ersten Jahr arbeitete ich mich aus dem Rollstuhl. In den beiden Rehas wurde mir jeweils nahegelegt, eine Umschulung durchzuführen, die ich aber verweigerte. Durch unser Familienunternehmen gelang es mir immer, in meinem erlernten Beruf weiter tätig zu sein. 

Es hat sich für mich vieles verändert, aber es gibt fast nichts, was nicht geht! Mein Motto: Ich mach einfach alles mit links! Selbst normal Schuhe binden geht mit einer Hand. Heute bin ich 62 Jahre alt, verheiratet und habe zwei erwachsene Kinder. Bis vor zwei Jahren war ich in meinem Beruf Steinmetz- und Steinbildhauermeister im Vertrieb selbständig tätig. Nach dem Ausscheiden aus meinem aktiven Berufsleben beschloss ich, mich einer sinnvollen ehrenamtlichen Tätigkeit zu widmen.

Da ich schon seit vielen Jahren Unterstützer von FRAGILE Ostschweiz bin, lag es für mich nahe, dies möglicherweise bei FRAGILE zu probieren. Also startete ich mit einem Telefonat bei der Geschäftsstelle von FRAGILE Ostschweiz. Nach einem Kennenlerntreffen in St. Magrethen war sofort klar, dass ich mich dort mit meinen Fähigkeiten gut einbringen und engagieren kann.

Diese ehrenamtliche Tätigkeit ermöglicht es mir einerseits, betroffenen Personen Mut zu machen und andererseits, durch mein Netzwerk FRAGILE weiter zu unterstützen und bekannter zu machen. Mittlerweile bin ich im Vorstand und für Netzwerk und Kommunikation zuständig.

Ich kann es nur empfehlen, sich an Selbsthilfegruppen zu wenden, denn in einer Gruppe Gleichgesinnter erhält man oft schnell und unkompliziert wertvolle Tipps und Informationen. Ausserdem ist es eine schöne Gelegenheit, ungeniert interessante Begegnungen auf Augenhöhe zu haben und nette, neue Kontakte zu bekommen und zu pflegen. «Gib niemals auf!»

Florian B., Betroffener

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