Gratwanderung

Erfahrungsbericht von Susanne H.

Erfahrungsbericht von Susanne H.

Nach über 30 gemeinsamen Jahren veränderte ein Schlaganfall unser Leben schlagartig. Mein Mann war plötzlich schwer krank, konnte nicht mehr sprechen oder sich mitteilen – ich stand vor einem Scherbenhaufen und musste funktionieren. Es gab keine Patientenverfügung, keine Vorbereitung. Ich war auf mich allein gestellt.

Was besonders schwer war: Alle fragten nur, wie es ihm geht – kaum jemand fragte nach mir. Erst viel später konnte ich meine Gefühle zulassen. Der Austausch mit einer anderen Angehörigen hat mir dann enorm geholfen. Endlich verstand jemand, wie es mir wirklich ging.

Unsere Beziehung hat sich stark verändert. Ich musste viele Rollen übernehmen, die früher mein Mann innehatte. Das war nicht leicht – für keinen von uns. Aber mit der Zeit haben wir neue Wege gefunden, miteinander umzugehen. Unser Vertrauen ineinander ist sogar gewachsen und eröffnet uns neue Freiheiten. So schätze ich heute Momente für mich, zum Beispiel im Bridge-Club, während er im Tageszentrum aufblüht.

Ich wünsche mir, dass niemand diesen Weg allein gehen muss. Dass Angehörige ernst genommen werden, dass sie aktiv Unterstützung erhalten. Und ich wünsche mir, dass wir lernen, offener über diese belastenden Situationen zu sprechen – auch über Trauer, Wut, Erschöpfung und Überforderung. Denn nur so können wir langfristig für andere da sein – und für uns selbst.

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