Wenn mein Mann morgens aufsteht, braucht er oft schon beim Start in den Tag Unterstützung. Sei es eine kleine Erinnerung daran, sich zu waschen oder sich passende Kleidung anzuziehen – es sind diese alltäglichen Dinge, die für ihn zur Herausforderung geworden sind. Für mich als Angehörige bedeutet das: präsent sein, begleiten, mitdenken. Und genau diese Art von Unterstützung zählt – auch aus Sicht der Sozialversicherungen.
Unser Weg durch den Dschungel der Invalidenversicherung (IV) und der Hilflosenentschädigung (HE) war alles andere als einfach. Ich habe gelernt: Man sollte sich unbedingt frühzeitig professionelle Hilfe holen – zum Beispiel von Sozialarbeitenden oder, wenn nötig, sogar juristische Unterstützung. Beim Antrag auf HE oder IV reicht es nicht, einfach ein Formular auszufüllen. Es geht um viel – nicht nur finanziell, sondern auch um Lebensqualität und Entlastung für Betroffene wie Angehörige.
Ein Fehler, den ich selbst fast gemacht hätte: sich besser darstellen, als es tatsächlich ist. Aus Stolz, aus Gewohnheit – weil man gelernt hat, sich zusammenzureissen. Doch das hilft in diesem Zusammenhang nicht. Im Gegenteil: Ehrlichkeit ist wichtig. Auch wenn es sich nicht gut anfühlt zu sagen: «Das kann mein Mann nicht mehr alleine.» Aber genau das ist entscheidend für eine faire Einschätzung. Es geht nicht ums Jammern, sondern darum, realistisch zu zeigen, was der Alltag bedeutet.
Besonders wichtig ist es, den vorläufigen Entscheid der IV gut zu prüfen – nicht einfach durchzuwinken. Auch hier hilft es, jemanden an der Seite zu haben, der sich auskennt. In unserem Fall hat schon ein Anruf eines Anwalts etwas bewegt – plötzlich war eine andere Gesprächsbereitschaft da. Man darf nicht vergessen: Die IV steht unter Spardruck. Da kann es vorkommen, dass Leistungen tiefer angesetzt werden, als eigentlich gerechtfertigt wäre – etwa wenn statt einer mittleren Hilflosenentschädigung nur eine leichte gesprochen wird.
Was mir persönlich noch sehr am Herzen liegt: Lasst euch nicht verrückt machen von Meinungen aus dem Umfeld – besonders nicht von Leuten, die «nur mal was gehört haben». Solche Aussagen machen oft mehr Angst als nötig. Und: Die Protokolle der IV-Befragungen sind nach meiner Erfahrung oft lückenhaft. Da lohnt es sich, genau hinzuschauen und notfalls auch Widerspruch einzulegen.
Ich wünsche mir, dass Betroffene und Angehörige den Mut haben, sich das zu holen, was ihnen zusteht. Man muss das nicht alleine schaffen – und man muss sich dafür nicht schämen.
Ineke I., Angehörige