Hilfe bei Kopfschmerzen

Viele Menschen mit Hirnverletzung leiden stark unter Kopfschmerzen. Sie fühlen sich eingeschränkt und unverstanden. Lesen Sie den Rat unserer Beraterin an Betroffene und Angehörige.

Viele Menschen mit Hirnverletzung leiden stark unter Kopfschmerzen. Sie fühlen sich eingeschränkt und unverstanden. Lesen Sie den Rat unserer Beraterin an Betroffene und…

«Es gibt leider kein Wundermittel und keine Wunderpille gegen diese Kopfschmerzen, jeder Betroffene muss seinen eigenen Umgang damit finden», erklärt Christine Jayet-Ryser, Beraterin der Helpline von Fragile Suisse. Manche Betroffene müssen sich hinlegen, anderen helfen Stille und Entspannungstechniken, wieder anderen Gartenarbeit oder Musik. Auch ein Spaziergang in der Natur kann wohltuend sein und die Kopfschmerzen lindern.

Solche Kopfschmerzen sind unvorhersehbar und häufig unsichtbar für das Umfeld. Das führt zu Spannungen und Einschränkungen im Alltag. Ein Restaurantbesuch, der Alltag mit der Familie und das Sozialleben können schwierig werden; die Betroffenen gehen kaum noch aus und isolieren sich. Kopfschmerzen werden bei hirnverletzten Menschen durch einen plötzlich sehr stark ansteigenden Druck im Gehirn verursacht. «Sie können so stark sein, dass man erbrechen muss. Die Patienten können während einer Kopfschmerzattacke weder denken noch agieren», ergänzt Christine Jayet-Ryser.

Die Beraterin schlägt Angehörigen vor, hirnverletzte Menschen zu motivieren, ihnen Ruhepausen zu gönnen und Ruheräume zu schaffen. Sie fordert sie auf, verständnisvoll zu reagieren und sich bewusst zu machen, dass Menschen mit einer Hirnverletzung während einer Attacke enorm leiden. «Achten Sie aber darauf, sich selbst nicht zu überfordern», betont Christine Jayet-Ryser. «Atmen auch Sie durch, nehmen Sie sich Zeit für sich. Um diese schwierige Zeit zu bewältigen, braucht Ihr Mann eine starke Partnerin an seiner Seite.»

Konsultation beim Neurologen
Wenn die Kopfschmerzen länger anhalten, rät die Helpline-Beraterin, das Problem in einem ersten Schritt bei einem Neurologen abzuklären. Dies um sicherzugehen, dass die Schmerzen die «normalen» Folgen der Hirnverletzung sind und keine andere Ursache haben. Eventuell verschreibt der Neurologe auch über ein geeignetes Medikament. Ein zweiter Schritt besteht darin, äussere Faktoren zu finden, die die Kopfschmerzattacken auslösen oder lindern.

Die Auslöser identifizieren
Für die Betroffenen ist jeder Tag anders, und die Schmerzen treten ohne Vorwarnung auf. Deshalb ist es wichtig, seine eigenen Grenzen zu erkennen und eine Pause zu machen, bevor es zu spät ist. Christine Jayet-Ryser weiss auch, dass die Tagesform stark schwankt. «Gestern war es dem Betroffenen möglich, eine Aufgabe zu erledigen, heute nicht. Es hängt nicht von seinem Willen ab, und er kann es nicht beeinflussen.»

Sie rät den Angehörigen zur Gelassenheit im Wissen, dass die Aufgabe an einem anderen Tag wieder zu bewältigen ist. Und fügt hinzu: «Schliesslich haben wir alle auch unsere schlechten Tage. Bei Hirnverletzten sind sie einfach viel ausgeprägter.»


Vier Fragen an Dr. Raymond Bossy, Spezialist für physikalische Medizin und Rehabilitation

Dr. Bossy, welches sind die häufigsten Folgen einer Hirnverletzung?
Raymond Bossy: Migränen treten nach einer Hirnverletzung am häufigsten auf, gefolgt von Schwindel. Die Abstände zwischen den Attacken sind von Person zu Person unterschiedlich lang. Dasselbe gilt für die Stärke der Schmerzen, sie hängt von der Art der Verletzung und den betroffenen Hirnregionen ab. Oft sprechen Migränen, die in Folge einer Hirnverletzung auftreten, weniger gut auf Schmerzmittel und andere Medikamente an als „normale“ Kopfschmerzen.

Unterschiedliche Verletzung, ähnlicher Kopfschmerz?
Unter sehr heftigen Kopfschmerzen leiden eher Personen mit einem Schädel-Hirn-Trauma. Es kann aber auch nach einer TIA (transitorischen ischämischen Attacke) zu starken Kopfschmerzen kommen. Sie können die Folge von Stress, Angst und weiteren Faktoren sein, die der post-traumatische Zustand mit sich bring.

Wenn die Kopfschmerzen nach einem Schlaganfall als Explosion im Kopf wahrgenommen werden, sollte man unverzüglich einen Neurologen aufsuchen. Auch wenn sie länger anhalten, empfiehlt sich der Gang zum Spezialisten.

Was tun, um die Schmerzen zu lindern?
Die Kopfschmerzen werden oft durch eine „Überstimulation“ wie lärmige Umgebung, helles Licht und Gespräche um einen herum ausgelöst. Solche Situationen ermüden und verursachen die Kopfschmerzen. Vorbeugen kann man, indem man sich genügend ausruht, Ohrstöpsel und eine Sonnenbrille trägt und sich wenn nötig zurückzieht.

Um Erschöpfung zu vermeiden, empfehle ich den Patienten, ihre Gewohnheiten zu ändern und ihr Umfeld zu informieren, dass sie sich wahrscheinlich von Zeit zu Zeit ausklinken müssen. Idealerweise können die Angehörigen diesen Zustand akzeptieren und sind sich bewusst, dass hirnverletzten Menschen Grenzen gesetzt sind.

Und langfristig?
Helfen kann regelmässiger, nicht allzu intensiver Sport, wobei man sich auf allgemein gültige Trainings-Empfehlungen stützen sollte: 5-mal 30 Minuten pro Woche genügen. Resultate stellen sich nicht sofort ein, aber es scheint, dass die Kopfschmerzen nach ein paar Monaten nachlassen. Natürlich kann man auch mit 1-mal 10 Minuten beginnen und dann auf 2-mal 10 Minuten erhöhen und so weiter.

Gewissen Patienten mögen 2-mal 30 Minuten genügen. Schnelles Gehen, Velo fahren, Schwimmen oder Nordic Walking sind die Sportarten, die sich am besten eignen. Man sollte eine für sich angenehme Sportart wählen und es nicht übertreiben. Wichtig ist auch, bei fehlender Motivation jemanden um Hilfe oder Begleitung zu bitten.

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