«Ich wollte einfach wieder zurück in den Beruf»

Wie kann eine Person nach Hirnverletzung langfristig und erfüllt einer Arbeit nachgehen? Ein Betroffener erzählt von seinen Erfahrungen.

Wie kann eine Person nach Hirnverletzung langfristig und erfüllt einer Arbeit nachgehen? Ein Betroffener erzählt von seinen Erfahrungen.

Barbara Schiffmann, Teilnehmerkoordination der Studie, im Gespräch mit dem Teilnehmer Andreas Ulrich. Foto: Petra Kurmann

Studienmitarbeiterin Barbara Schiffmann im Gespräch mit dem Teilnehmer Andreas Ulrich. Foto: Petra Kurmann

Viele Betroffene streben nach Ihrer Hirnverletzung eine Rückkehr zu einer geregelten Arbeit an. Doch nicht wenige erleben mit der Zeit Probleme bei der Arbeit, verlieren die Stelle. Ein Beispiel ist Andreas Ulrich. Nach seiner Hirnblutung 2004 kehrt er mit einem reduzierten Pensum und angepassten Aufgaben zurück zu seiner Tätigkeit als Elektroingenieur. Die Kündigung vier Jahre später trifft ihn hart.

Eine Studie der der Schweizer Paraplegikerforschung zusammen mit FRAGILE Suisse hat zum Ziel, Betroffene die gefährdet sind die Arbeit zu verlieren, früher zu erkennen und Hilfestellungen für schwierige Arbeitssituationen zu entwickeln.

Andreas Ulrich arbeitet heute in einem 20-Prozent-Pensum im Kurswesen von FRAGILE Suisse und ist sehr glücklich mit seiner Tätigkeit. Die Studienmitarbeiterin Barbara Schiffmann fragt ihn im Gespräch nach seinen Erfahrungen in der Arbeitswelt seit der Hirnverletzung.


Barbara Schiffmann: Andreas, wie hast Du nach der Hirnverletzung die Rückkehr zur Arbeit erlebt?
Andreas Ulrich: Ich war etwa fünf Monate in der Reha. Danach versuchte ich mit zehn bis zwanzig Prozent wieder mit meiner Arbeit als Elektroingenieur anzufangen. Vor der Hirnblutung kam ich beruflich in der ganzen Welt herum. Ich nahm Anlagen in Betrieb und wartete sie. Das Berufswissen hatte ich noch nach der Hirnblutung, aber ich konnte es nicht mehr klar sagen. Meine Fremdsprachenkenntnisse waren weg und ich konnte auch nur noch bruchstückhaft Deutsch. Aber ich konnte an meine alte Stelle zurück, ich hatte jetzt einfach einen internen Arbeitsplatz.

Wie war der Austausch mit dem Arbeitgeber und den Arbeitskollegen nach deiner Rückkehr?
Mit den Kollegen, Freunden und dem Arbeitgeber war der Austausch eigentlich gut. Fast zu gut. Es ist schwierig, wenn sie immer sagen «Ja, das ist schon gut, wie du das machst». Später sah ich die Kollegen in einer Ecke stehen. Sie verstanden mich nicht. Ich hatte den Eindruck, dass sie im Hintergrund anders über mich sprechen als vor mir. Das war ein Problem.

Was war sonst noch herausfordernd bei der Arbeit nach der Hirnverletzung?
Bei Diskussionen mit meinen Ingenieurskollegen brauchte ich 15 Minuten bis ich eine Antwort formulieren konnte. Da waren die Kollegen schon an einem ganz anderen Punkt der Diskussion angelangt. Ich hatte das Wissen, kann es aber nicht schnell präsentieren. Das macht es heute immer noch schwer.

Dazu kommt die Müdigkeit. Man kann nicht so viel leisten wie man will. Wenn ich vor ein paar Jahren zum Beispiel an einer Sitzung war, an einem Vortrag, dann musste ich nach einer halben Stunde aufstehen und rausgehen. Ich hielt das gar nicht mehr aus oder ich schlief ein. Ich sass einfach schlafend da und als ich erwachte, waren die anderen vielleicht gar nicht mehr da [lacht]. Auch heute muss ich regelmässig Pausen machen. Wenn ich am Computer Zahlen jongliere oder etwas editiere, dann ist mein Kopf nach spätestens einer Stunde voll. Er muss irgendwie geleert werden. Ich trinke einen Kaffee und gehe fünf Minuten raus zum Entspannen.

Wir möchten in einer Studie herausfinden, wie Personen mit einer Hirnverletzung langfristig zufrieden arbeiten können. Du machst bei einem Gruppengespräch in Winterthur mit. Was hat Dich dazu bewegt?
Es ist schön, dass wir uns Gehör verschaffen können und dass man uns fragt als Betroffene. Unsere Situation muss sich verbessern. Es ist nur schon schwierig eine Arbeit mit einem 20%-Pensum zu finden. Die Arbeitgeber sollten zum Beispiel besser sensibilisiert werden auf die Probleme, die auftauchen können.

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