«Jetzt noch nicht, aber irgendwann schon»

Fanny Schlegel, Mitarbeiterin in der Beratung, stellt das Buch «Jetzt noch nicht, aber irgendwann schon» von Martin Simons vor.

Fanny Schlegel, Mitarbeiterin in der Beratung, stellt das Buch «Jetzt noch nicht, aber irgendwann schon» von Martin Simons vor.

Martin Simons: Jetzt noch nicht, aber irgendwann schon

Martin Simons erzählt in seinem autobiografischen Roman von seiner Hirnblutung und der einjährigen, darauffolgenden Phase.

Dass er dabei die Geschehnisse aus einer seltsam sachlichen Distanz beschreibt, mag den/die Leser/in zu Beginn des Buches befremden – bis es gelingt, in diese analytische Denkweise einzutauchen. Martin Simons macht während seinem Aufenthalt im Spital, dem Weihnachtsfest mit seiner Familie und der Zeit danach eine berührende Entwicklung durch, die ihn seine bedingungslose Liebe zu seiner Frau und seinem Sohn entdecken lässt und ihn auch seinen Eltern wieder näherbringt.

Alles beginnt an einem Dezembernachmittag: Mitten auf der Strasse verliert er die Kontrolle über seinen Körper. Martin Simons begibt sich auf Drängen seiner Frau ins Krankenhaus und erfährt dort von seiner Hirnblutung. Die Gefühlslosigkeit, die er beim Empfangen dieser Botschaft empfindet, lässt darauf schliessen, dass er entweder die Ernsthaftigkeit der Lage nicht versteht, oder seltsam abgespaltet von seinem Körper und Geist lebt. Auch im weiteren Verlauf scheint es, als würde er sich selbst als Beobachter von aussen wahrnehmen; eher neugierig als mitfühlend für seine eigene Person, teilweise sogar gleichgültig.

Das Absagen der Weihnachtsfeier mit der Familie ist für ihn eher ein unangenehmer Akt, als dass er Trauer darüber empfinden würde. Als er das Krankenhaus kurz verlassen darf, kommt trotzdem eine Feier zustande. Dabei entwickelt er für seine Eltern und Geschwister sowie deren Partner plötzlich ein Verständnis und eine Weitsicht auf die Jahrzehnte alte Beziehung zu ihnen.

Die Erzählung nimmt eine aufregende Färbung an, als Martin Simons mit dem Tode zu hadern und seine Hirnblutung und den Spitalaufenthalt auf abenteuerliche Weise zu beschreiben beginnt. Ein Diebstahl, eine Verfolgungsjagd durch das Spital, der Tod seines Zimmerpartners, und danach wieder die Eintönigkeit des Spitallebens: das Warten, die Ungewissheit, die schleichende Unruhe.

Im letzten Teil des Buches nimmt die Beziehung zwischen Martin Simons und seinem Sohn durch den gemeinsam verbrachten Sommer eine neue Dimension an. Das Bewusstsein für die Endlichkeit des Lebens ermöglicht tiefe Verbundenheit zwischen den beiden.

Martin Simons schreibt über den Tod und das Leben, über die Zerbrechlichkeit von menschlichen Beziehungen und die manchmal zerstörerische Macht des gesprochenen Wortes in einer nachdenklich stimmenden Weise.

Text: Fanny Schlegel

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