Rezension: «Schmerzgrenze - Vom Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt»

Rezension von Sara Köferli - Das 2011 beim Blessing-Verlag erschienene Sachbuch von Joachim Bauer will über den Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt aufklären.

Rezension von Sara Köferli - Das 2011 beim Blessing-Verlag erschienene Sachbuch von Joachim Bauer will über den Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt aufklären.

News Rezension Schmerzgrenze

Laut Bauer, der Neurobiologe, Arzt und Psychotherapeut ist, streben wir Menschen nach Zugehörigkeit und Fairness. Aggression sei dazu da, Störungen im sozialen Zusammenleben zu regulieren. 

Dazu führt Bauer das «Gesetz der Schmerzgrenze» ein: Aggression sei entstanden, um Schmerz abzuwehren, körperliche Unversehrtheit zu bewahren und lebenswichtige Ressourcen zu verteidigen. 

Pathos statt Aufklärung
Das Ziel, Aufklärung liefern, verfehlt der Autor jedoch: Wer sich neurologisch begründete, aufschlussreiche Erklärungen zur Entstehung von Aggression in unserem Gehirn erhofft, wird enttäuscht. Mit viel Pathos zieht Bauer Verbindungen zwischen der Aggression und dem Menschen in Bereichen wie Politik, Geschichte, Umwelt und Soziologie. 

Der Eröffnungssatz «Die Chancen für eine Selbstzerstörung des Menschen im 21. Jahrhundert stehen nicht schlecht» ist nur eine von vielen Aussagen, die der Autor einsetzt, um den Leser zu umwerben. Und die ohnehin schon knapp bemessenen brauchbaren Aussagen macht Bauer durch persönliche Färbungen gleich wieder zunichte, die er inflationär verwendet («Evolutionär! Genial!» oder aber «Flop! Fragwürdig!»).

Oberflächlich und einseitig
Obwohl das Buch spannend zu lesen ist und die Erklärungen gut sind, weil Bauer viele Experimente und Studien zur Verdeutlichung beschreibt, bleibt der Text oberflächlich und geht kaum in die Tiefe. Die Frage nach dem Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt bleibt ungeklärt. Bauer wirft zwar mit grossen Worten wie Moral und dem sogenannten "Aggressionsapparat» um sich, lässt aber andere Aspekte wie das Streben nach Macht im Zusammenhang mit Aggression unbehandelt.

Keine Kaufempfehlung
Immerhin: In einem vergleichsweise kurzen Teil des Buchs geht Bauer darauf ein, was auf biologischer Ebene im Gehirn abläuft, wenn wir Aggression erleben. Dieser gut fundierte Teil ist informativ; man merkt, dass ein studierter Neurobiologe zu Wort gekommen ist. Vom Rest des Buchs kann man das leider nicht behaupten.

Fazit: Der Autor redet zwar viel, sagt aber umso weniger. Schade, da Aggression ein aktuelles Thema ist, das so schnell nicht verschwinden wird.


Schmerzgrenze: Vom Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt
Joachim Bauer

Verlag: Heyne
ISBN: 978-3453602588

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