Unterstützte Kommunikation

Active Communication ist eine Tochtergesellschaft der Schweizer Paraplegiker-Stiftung. Sie sind Expert:innen im Bereich der Digitalen Assistiven Technologien. FRAGILE Suisse hat ihnen ein paar Fragen zum Thema Unterstützte Kommunikation gestellt.

Active Communication ist eine Tochtergesellschaft der Schweizer Paraplegiker-Stiftung. Sie sind Expert:innen im Bereich der Digitalen Assistiven Technologien. FRAGILE Suisse hat ihnen ein paar Fragen zum Thema Unterstützte Kommunikation gestellt.

Ein Mann im Rollstuhl ist im Zug und bedient ein elektronisches Hilfsmittel.
© Active Communication

Was ist Unterstützte Kommunikation und wie kann sie Menschen im Alltag helfen?

Ursula Braun (2020) definiert Unterstützte Kommunikation wie folgt:

«Unterstützte Kommunikation (UK) ist der deutsche Sammelbegriff für alle Massnahmen, die bei Menschen mit unzureichenden oder fehlenden lautsprachlichen Fähigkeiten dazu beitragen, Kommunikation und Mitbestimmung zu verbessern.»*

Viele Menschen können sich aufgrund einer Behinderung in der Gesellschaft nicht oder nicht mehr gut verständigen. Im Bereich der Unterstützten Kommunikation werden eine Vielzahl von Techniken und Hilfsmitteln entwickelt, die Betroffenen helfen. Sie geben Menschen mit unterschiedlichen Arten von Sprach-, Sprech- oder Verständnisschwierigkeiten eine Stimme.

Es gibt verschiedene Formen der Unterstützten Kommunikation. Dazu gehören:

  • körpereigene Kommunikationsformen (z.B. Blicke oder Gesten)
  • nicht elektronische Kommunikationshilfen (z.B. Gegenstände, Fotos oder Karten mit Symbolen)
  • elektronische Kommunikationshilfen (z.B. Geräte zur Sprachausgabe)
  • Strukturierungshilfen/Organisation von Raum und Zeit (z.B. Zeitplaner)

Ziel ist eine effektive Kommunikation in allen Formen. Die Betroffenen sollen sich durch verschiedene Funktionen der Kommunikation im Alltag einbringen können: z.B. Fragen stellen, Wünsche und Bedürfnisse ausdrücken, Informationen teilen, soziale Kontakte pflegen und vieles mehr. Je nach Zielgruppe ist die Unterstützte Kommunikation ein reines Ausdrucksmittel, eine erweiterte Kommunikationsmöglichkeit oder sogar die Ersatzsprache.

Im Grundsatz hilft die Unterstütze Kommunikation jedem Menschen mit einer unzureichenden oder fehlenden Lautsprache. Dank den verschiedensten Hilfsmitteln und Ansteuerungsmöglichkeiten können wir heute auch Menschen mit sehr schweren körperlichen Einschränkungen Zugang zu Kommunikation ermöglichen: sei dies über eine Augensteuerung oder durch das Auslösen eines einzelnen Tasters, welcher ein Hilfsmittel ansteuert. Die Hilfsmittel werden individuell auf die Betroffenen angepasst.

* Quelle: Ursula Braun (2020) Bildung und UK. In: Jens Boenisch / Stefanie K. Sachse (Hrsg.) Kompendium Unterstützte Kommunikation. Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH. S. 20

Eine Person berührt einen Bildschirm mit Symbolen.
© Active Communication

Können Sie ein paar Beispiele an Tools nennen, von denen z.B. Menschen mit Aphasie profitieren können?

Bei Menschen mit Aphasie sind die Kommunikationssituationen oft plötzlich verändert und die Art der Kommunikation muss meist neu gelernt und geordnet werden – sowohl von den direkten Betroffenen wie auch vom Gegenüber.

Dabei können Bildkarten, Kommunikationstafeln und Symbolbücher zum Einsatz kommen. Bildkarten oder Symbolbücher enthalten Abbildungen von häufig verwendeten Objekten, Aktivitäten oder Bedürfnissen. Personen mit Aphasie können auf die Symbole zeigen oder diese auswählen, um ihre Bedürfnisse, Wünsche oder Gedanken auszudrücken. Es gibt bereits vorgefertigte Vorlagen oder diese können für die Betroffenen individuell erstellt werden.

Des Weiteren helfen elektronische Kommunikationshilfsmittel mit einem vorgegebenen Wortschatz, der individuell angepasst werden kann. In der Regel ist dies ein Tablet-basiertes Gerät. Darauf können Symbole, Bilder oder Text dargestellt und ausgewählt werden. Das Gerät übermittelt dem Gegenüber dank Sprachausgabe die Aussage. Elektronische Kommunikationshilfsmittel können auch bei motorischen Einschränkungen mittels verschiedenen Ansteuerungsmethoden verwendet werden. Techniken wie Gestik, Mimik oder unterstützte Gesten helfen, die verbale Kommunikation zu ergänzen oder zu ersetzen.

Die Auswahl der Kommunikationshilfe hängt von den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten der Person mit Aphasie ab. Eine professionelle Beratung für Unterstützte Kommunikation ist hilfreich, um die bestmöglichen Lösungen zu identifizieren und umzusetzen. Ein unterstützendes Umfeld ist genauso wichtig, damit die Kommunikation wieder aufgebaut werden kann und gelingt.

Grafik zur Illustration des Ablaufs der Hilfsmittelversorgung
© Active Communication

Wie müssen Betroffene und Angehörige vorgehen, wenn sie Unterstützte Kommunikation in Anspruch nehmen möchten?
Was gibt es dabei zu beachten?

Das richtige Hilfsmittel zu finden ist nicht immer ganz einfach. Es empfiehlt sich daher, bei Hilfsmittelberater:innen eine professionelle Erstabklärung zu machen. Dabei wird auf die individuellen Bedürfnisse eingegangen und es können verschiedene Hilfsmittel ausprobiert werden. In der Schweiz bietet zum Beispiel die Firma Active Communication solche Hilfsmittelabklärungen an. Oft wird dieser Prozess gemeinsam mit eine:r Logopäd:in in Angriff genommen. Er kann aber auch von den Betroffenen selbst initiiert werden. Je nach IV-Versicherungsstatus der Person wird bestimmt, wer die Kosten trägt. Dies ist der Fall, wenn die betroffene Person noch nicht pensioniert ist oder bereits während der Berufstätigkeit auf ein Kommunikationshilfsmittel angewiesen war. Ab der Pension müssen Hilfsmittel privat oder über alternative Kostenträger wie z.B. Stiftungen finanziert werden.

Wer einen Antrag auf ein Kommunikationsgerät respektive eine Hilfsmittelversorgung über die IV in Erwägung zieht, geht wie folgt vor:

Es wird ein Antrag auf Abklärung bei der IV eingereicht. Die Hilfsmittelanbieter bieten hier Unterstützung und Formularvorlagen. Wird dem Anliegen um Abklärung stattgegeben, erteilt die IV dem Hilfsmittelanbieter einen entsprechenden Auftrag. Im Anschluss findet eine Hilfsmittelabklärung statt.

Ist das richtige Hilfsmittel gefunden, schreibt der Hilfsmittelanbieter einen Fachbericht über das Ergebnis der Abklärung. Ausserdem wird der IV-Stelle ein Kostenvoranschlag für die angestrebte Hilfsmittelversorgung inklusive Gebrauchstraining, Nachbetreuung und Reparatur zugestellt. Nach einer positiven Kostengutsprache wird das beantragte Hilfsmittel bestellt und den individuellen Bedürfnissen des Nutzers angepasst. Im «Gebrauchstraining» wird das Hilfsmittel installiert und der Nutzer und sein Umfeld mit dem neuen Hilfsmittel vertraut gemacht. Je nach Versorgung kann das Gebrauchstraining mehrere Termine umfassen. Mit dem Schlussbericht an die IV-Stelle wird das Gebrauchstraining abgeschlossen. Ergänzende Nachbetreuungen und Reparaturen werden auf Wunsch des Nutzers zu einem späteren Zeitpunkt vom Hilfsmittelanbieter durchgeführt.

Menschen ohne Deckung durch die IV können sich direkt an die Hilfsmittelanbieter wenden.

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